Andere Länder – Andere Sitten (II)

Die etwas angeschlagene Spitalglocke wird jeden Morgen zum Morgengebet mit grosser Hingabe von einem kleinen, neurologisch etwas auffällig wirkenden Mann geleutet. Er arbeitet eigentlich im Reinigungsdienst, aber das Reinigungspersonal übernimmt hier dynamisch die vielfältigsten gerade anfallenden Arbeiten. Somit war es auch nicht ungewöhnlich, dass er neulich während einer ausgedehnten Wundversorgung neben mir stand.

Plötzlich stiess er jedoch unvermittelt einen Schrei aus und blickte fixiert geradeaus. Zwei Mitarbeiter hielten ihn sofort fest und legten ihn an Ort und stelle an den Boden, wo er zunächst für einige Minuten bewusstlos liegenblieb und sich dann im Verlauf selbständig auf die Seite legte. Nach etwa einer halben Stunde stand er dann etwas wackelig wieder auf. Da dieser generalisierte tonische Krampfanfall niemanden zu beeindrucken schien, habe ich mich davon auch nicht beunruhigen lassen. Blöd war nur, dass er genau an der Stelle lag, an der ich ergonomisch wesentlich besser gestanden hätte. Mein Rücken hat es mir aber letztlich verziehen.

Nach verrichteter Arbeit fragte ich nach und man erklärte mir, dass er alle paar Tage einen epileptischen Anfall hätte und deshalb gelegentlich auch mitten auf der Strasse zu liegen käme. Das sei überhaupt nicht ungewöhnlich…

Das letzte Foto zeigt eine Übersicht über das Spital, aufgenommen vom Wasserturm. Das angeschnittene Gebäude vorne links ist der Labortrakt. Im Vordergrund sind Kasse, Wartebereich und Apotheke. Das Gebäude mit der weissen gelöcherten Wand in der Mitte ist der Funktionsbereich mit Operationssaal, Röntgen, Ultraschall und Sprechzimmern. Der Gebärsaal ist unter dem kleinen Sonnenkollektor (Warmwasser um Babys zu waschen) rechts im Bild. Der Rest sind Patientenstationen.

Ein Gedanke zu „Andere Länder – Andere Sitten (II)“

  1. Liebe Tanja, immer wieder spannend deine Berichte zu lesen. Es macht den Eindruck als dass ihr euch eingelebt habt.
    Letzte Woche kam im TV eine kurze Reportage über die Spitäler in Kamerun bezüglich den „alten“ Röntgengeräte. Ich hatte somit gerade eine eins zu eins Übertragung von eurem Arbeitsort.

    Liebe Grüsse aus der Schweiz?

Kommentare sind geschlossen.